Schweiz verharrt beim Schutz von LGBTI-Menschen im europäischen Mittelfeld
Anlässlich des am 17. Mai stattfindenden „International Day against Homo-, Lesbo-, Bi-, Trans- and Interphobia“ legt die Organisation ILGA-Europe jeweils eine Übersicht über den rechtlichen Schutz von LGBTI-Menschen in Europa vor. Auch 2018 schneidet die Schweiz schlecht ab in diesem Ranking: Mit nur 38 von 100 Punkten belegt sie Rang 22. Damit liegt die Schweiz gleichauf mit Montenegro und Estland; in Westeuropa schützen nur ein paar wenige Zwergstaaten LGBTI-Menschen noch weniger.
Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich die Schweiz um sieben Punkte beziehungsweise vier Ränge. Die leichte Verbesserung ergab sich durch das Inkrafttreten der Stiefkindadoption für eingetragene Paare sowie durch die Verbesserung der Gerichtspraxis, dass für die Änderung des amtlichen Geschlechts keine Operationen mehr erzwungen werden. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in der Schweiz rechts-konservative Kräfte konstant den Schutz von LGBTI-Menschen frontal angreifen. So würden insbesondere bei Annahme der Anti-Menschenrechts-Initiative („Schweizer Recht statt fremde Richter“) auch die Rechte von LGBTI-Menschen noch stärker in Bedrängnis geraten, hat doch gerade der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte positiv zu deren Weiterentwicklung beigetragen.
Unverändert gut schneidet die Schweiz allein in der Kategorie „Civil society space“, also bezüglich Meinungs- und Versammlungsfreiheit, ab. In allen anderen Kategorien besteht unverändert ein offensichtlicher – und auch der Politik längst bekannter – grosser Handlungsbedarf. So fordern die Schweizer LGBT-Dachverbände:
- Einen umfassenden Schutz vor Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, -ausdruck und -merkmalen;
- Ein Verbot von Hassdelikten und -reden aufgrund von sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, -ausdruck und -merkmalen;
- Die Öffnung der Ehe, inklusive diskriminierungsfreiem Zugang zu Adoption und fortpflanzungsmedizinischen Verfahren;
- Verbindliche Vorgaben zum Schutz der Menschenrechte von Asylsuchenden, sowohl während des Verfahrens als auch bei dem Entscheid über den Asylantrag.
Besonderen Nachholbedarf hat die Schweiz beim Schutz der Menschenrechte von Transmenschen und Menschen mit Varianten der Geschlechtsmerkmale („Intergeschlechtlichkeit“). So müsste einerseits das überfällige strafrechtliche Verbot von Genitalverstümmelungen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsmerkmale erlassen werden, andererseits müsste für den Schutz der Menschenrechte von Transmenschen ein umfassender Aktionsplan ausgearbeitet und umgesetzt werden. Diese Anliegen müssen jedoch gemeinsam mit den entsprechenden Organisationen angegangen werden, da diese Expert_innen in eigener Sache sind.
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