Gleichgeschlechtliche Elternschaft: Stiefkindadoption ab 1.1.2018

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Seit 1. Januar 2018 steht die Möglichkeit der Stiefkindadoption auch gleichgeschlechtlichen Paaren, die verpartnert, verheiratet oder in einer faktischen Lebensgemeinschaft leben, offen. Konkret bewirkte diese Gesetzesänderung, dass eine Person das Kind ihrer Partnerin_ihres Partners adoptieren kann. Die Stiefkindadoption wird beispielsweise dann notwendig, wenn der soziale Elternteil im Falle einer privaten Samenspende oder bei Inanspruchnahme einer ausländischen Samenbank das Kind des austragenden Elternteils adoptieren will, oder auch wenn der soziale Elternteil, das durch Leihmutterschaft entstandene Kind des biologischen Elternteils adoptieren will.

Empfehlungen zur Anhörung des Kindes im Verfahren der Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare (3090 Downloads )

AutorInnen: Andrea Büchler, Prof. Dr. iur., Lehrstuhl für Privatrecht und Rechtsvergleichung, Universität Zürich
Michelle Cottier*, Prof. Dr. iur., Département de droit civil, Université de Genève
Philip D. Jaffé, Prof. Dr. phil., Centre interfacultaire en droits de l’enfant, Université de Genève
Heidi Simoni, Dr. phil., Marie Meierhofer Institut für das Kind, Zürich
4. Juni 2018

Erfahrungsberichte:

«Stiefkindadoption als deutsche Staatsbürgerinnen in der Schweiz»
«Vorgespräch Adoptionsbehörde»
«Familie, Verwandtschaft, soziales Umfeld»
«Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Luzern»
«Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Baselland»
«Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Nidwalden»
«Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Aargau»

Änderung Zivilgesetzbuch: Stiefkindadoption
Art. 264c ZGB
1 Eine Person darf das Kind adoptieren, mit dessen Mutter oder Vater sie:

  1. verheiratet ist;
  2. in eingetragener Partnerschaft lebt;
  3. eine faktische Lebensgemeinschaft führt.

2 Das Paar muss seit mindestens drei Jahren einen gemeinsamen Haushalt führen.
3
Personen in einer faktischen Lebensgemeinschaft dürfen weder verheiratet noch durch eine eingetragene Partnerschaft gebunden sein

Neben dem dreijährigen gemeinsamen Haushalt der Eltern ist eine wichtige Voraussetzung für die Stiefkindadoption, dass das Kind vor der Adoption während mindestens einem Jahr bei den Eltern aufgewachsen ist. Somit ist es für den zweiten Elternteil leider nicht möglich, das Kind direkt nach der Geburt zu adoptieren:

Art. 264
1 Ein minderjähriges Kind darf adoptiert werden, wenn die adoptionswilligen Personen während mindestens eines Jahres für Pflege und Erziehung des Kindes gesorgt haben […]

Je nach Konstellation wird auch Artikel 264d für einige Familien von Relevanz sein:
Art. 264d
1 Der Altersunterscheid zwischen dem Kind und den adoptionswilligen Personen darf nicht weniger als 16 Jahre und nicht mehr als 45 Jahre betragen.
2
Davon kann abgewichen werden, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist. Die adoptionswilligen Personen haben die Abweichung zu begründen.

Mit der Stiefkindadoption wird ein vollwertiges Kindesverhältnis zum bisherigen zweiten Elternteil hergestellt. So wird zum Beispiel sichergestellt, dass Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen, im Falle des Todes ihres leiblichen Elternteils bei ihrem zweiten Elternteil verbleiben können und nicht fremdplatziert werden. Im Falle des Todes ihres nicht-leiblichen rechtlichen Elternteils haben sie einen Erbanspruch sowie einen Anspruch auf Waisenrente. Des Weiteren wird gewährleistet, dass sie ihren zweiten rechtlichen Elternteil im Trennungsfall weiterhin sehen können und auch einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt haben.

Stiefkindadoptionsverfahren: kantonale Regelungen
Die Stiefkindadoption wird vor den kantonalen Behörden am Wohnsitz der adoptionswilligen Person durchgeführt (Art. 268 Abs. 1 ZGB). Das heisst, die Wohnsitzkantone regeln den Ablauf des Verfahrens. Bis heute haben die meisten kantonalen Behörden, die für diese Verfahren zuständig sind, keine Informationen über die Neuregelung der Stiefkindadoption veröffentlicht. Ihr müsst euch mit ihnen in Verbindung setzen, um Informationen über den in eurem Kanton geltenden Verfahrensablauf zu erhalten. Der Dachverband Regenbogenfamilien wird ebenfalls mit allen kantonalen Behörden in Kontakt treten und wird den Fachpersonen eine spezifische Weiterbildung zu den besonderen Umständen und Herausforderungen von Regenbogenfamilien anbieten. Die Informationen werden auf dem Rainbow Family Portal für Mitglieder des Dachverbands Regenbogenfamilien aufgeschaltet. Ausserdem werden 2018 Workshops in verschiedenen Städten mit Tipps zum Prozedere sowie den bereits gemachten Erfahrungen stattfinden.

Art. 268a ZGB schreibt vor, dass Adoptionen jeglicher Art erst nach umfassender Untersuchung aller wesentlichen Umstände, nötigenfalls unter Beizug von Sachverständigen, ausgesprochen werden dürfen. Namentlich sind die Persönlichkeit und die Gesundheit der adoptionswilligen Personen und des Kindes, ihre gegenseitige Beziehung, die erzieherische Eignung, die wirtschaftliche Lage, die Beweggründe und die Familienverhältnisse der adoptionswilligen Personen sowie die Entwicklung des Pflegeverhältnisses abzuklären. Zurzeit ist noch unklar, ob das Abklärungsverfahren das gleiche ist, wenn es sich um eine ausserfamiliäre Adoption oder eine innerfamiliäre Adoption (Stiefkindadoption des Kindes des Partners_der Partnerin) handelt. Ausserdem ist momentan noch unklar, wie die Besonderheiten von Regenbogenfamilien in diesem Prozess berücksichtigt werden.

Schliesslich sind die Kosten nicht zu unterschätzen – das Stiefkindsadoptionsverfahren schlägt mit einigen Tausend Franken pro Kind zu Buche. Die Gebühren können bei den nächsten Steuererklärung in Abzug gebracht werden.

Wir empfehlen, euch gut auf das Verfahren vorzubereiten. Der Dachverband Regenbogenfamilien freut sich, von euren Erfahrungen zu hören: info@regenbogenfamilien.ch . Wenn eure familiäre Situation bestimmte Besonderheiten hat, zögert nicht, uns zu kontaktieren, bevor ihr das Stiefkindadoptionsverfahren startet.

Verfahren am Beispiel Kanton Zürich
Die Mitarbeitenden der kantonalen Zentralbehörde Adoption übernehmen im Auftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) Stiefkindsadoptionsabklärungen. Personen, die in der Stadt Zürich leben, werden von den Mitarbeitenden der Fachstelle Pflegekinder abgeklärt.

Stiefkindsadoptionsabklärung
Die Antragsformulare für die Stiefkindsadoptionsabklärung sind der kantonalen Zentralbehörde Adoption einzureichen.
Antrag auf Stiefkindsadoptionsabklärung (PDF, 18 Seiten, 159 kB)

Stiefkindsadoptionsbeschluss
Die Adoptionsbehörde ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im KESB-Kreis der Adoptivpflegeeltern.
https://ajb.zh.ch/internet/bildungsdirektion/ajb/de/kinder_jugendhilfe/adoption/stiefkindsadoption.html

Stiefkindadoption als deutsche Staatsbürgerinnen in der Schweiz
Ein Erfahrungsbericht von Sabine & Ines aus Zürich, Mai 2017

Im August 2012 sind meine Partnerin und ich in die Schweiz nach Zürich gezogen. Unser Kinderwunsch hat sich zum ersten Mal im November 2014 erfüllt, als unsere Tochter Hannah geboren wurde. Schon vor ihrer Geburt verfassten wir ein Testament und eine Vorsorgevollmacht. Hier wurde dann der Wunsch meiner Partnerin, die Hannahs leibliche Mutter ist, festgehalten, dass im Falle ihres Todes das Sorgerecht für unsere Tochter an mich gehen soll. Allerdings ist das natürlich rechtlich nicht bindend und daher völlig unklar, wie ein Familiengericht im Fall eines Falles entscheiden würde.

Ablauf Stiefkindadoption: Da wir als deutsche Staatsbürgerinnen schon damals die Möglichkeit zur Stiefkindadoption hatten, begannen wir direkt nach Hannahs Geburt mit dem aufwändigen Prozedere. Der Ablauf in der Schweiz war wie folgt – dies wird den Schweizer Regenbogenfamilien ebenfalls bevorstehen: Wir nahmen im Sommer 2015 Kontakt mit der Fachstelle Pflegekinder der Stadt Zürich auf. Die Fachstelle forderte uns zunächst auf, ein umfangreiches Dossier einzureichen. Neben allerlei (teils notariell beglaubigter) Dokumente wie z.B. Geburtsurkunden, Pass, ärztliche Atteste der adoptierenden Person und des Kindes, Strafregister- und Betreibungsauszug, musste auch die finanzielle Situation offengelegt, Stellung zu den Beweggründen der Adoption genommen und eine Biografie der adoptierenden Person sowie des Kindes geschrieben werden. Allein die Zusammenstellung dieser Dokumente dauerte einige Wochen. Im Anschluss wurden zwei Hausbesuche (da wir zwischendurch noch umgezogen waren) durch die Fachstelle durchgeführt, bei der Fragen zu unserer Biografie, zur aktuellen Lebenssituation, zur Partnerschaft, zur Beziehung zu unserer Tochter, zu unserem Erziehungsstil und unseren Werten gestellt wurden. All diese Informationen wurden in einem 9-seitigen Gutachten niedergeschrieben, das mit einer Einschätzung meiner Eignung endet. Dieses Gutachten wurde wiederum an das deutsche Familiengericht weitergeleitet. Nach einer Anhörung vor dem Familiengericht in Deutschland konnte ich Hannah im Oktober 2016 endlich offiziell adoptieren. Die Anerkennung der Stiefkindadoption nach Schweizer Recht durch das Gemeindeamt, Abteilung Zivilstandswesen, erfolgte dann im März 2017.

Fazit: Wir sind sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, eine Stiefkindadoption durchzuführen, und dass dieser Vorgang nach mehr als zwei Jahren rechtlicher Unsicherheit auch endlich abgeschlossen werden konnte. Wir haben zum grossen Teil positive Erfahrungen mit toleranten Menschen gemacht, die sehr unterstützend und offen mit der Bearbeitung unserer Anliegen umgegangen sind. Und viele von ihnen hatten ja aufgrund der Seltenheit auch einigen Mehraufwand zu bewältigen, um behördliche Zuständigkeiten und spezielle Fragen zu klären, wie zum Beispiel «Wie werden zwei Mütter in einer Geburtsurkunde aufgeführt, deren offizielle Vorlage nur Vater und Mutter vorsieht?» Bei uns bleibt allerdings neben überwiegender Freude auch ein bitterer Beigeschmack. Der bürokratische und finanzielle Aufwand (allein die Pauschale für das Gutachten der Fachstelle Pflegekinder kostete CHF 1’300) ist riesig und die «Begutachtungssituation» auch nicht nur angenehm. Und das alles vor dem Hintergrund, dass heterosexuelle Paare in einer vergleichbaren Situation eine «Vaterschaft» (selbst wenn diese nicht leiblich ist) schon während der Schwangerschaft eintragen lassen können.

Erfahrungsbericht Vorgespräch Adoptionsbehörde
Wir sind ein Frauen-Paar mit einem Kind; der leibliche Vater war lediglich Spender.
Ein Erfahrungsbericht, 25. Januar 2018

Anwesend waren sowohl die Adoptionsverantwortliche sowie eine Sozialarbeiterin. Sie haben uns den „Fahrplan“ des Verfahrens erläutert, der wie folgt aussieht:

• Insgesamt 3 Gespräche, davon ein weiteres mit uns als Paar, eines bei uns zu Hause mit allen Beteiligten und das dritte Gespräch nur mit unserem Sohn.

• Das Formular für den offiziellen Antrag wurde mir als Gesuchsstellerin übergeben; dieses ist nun 18 Monate rechtsgültig.

• Die «Bewerbungs-Mappe» ist happig: ich muss unglaublich viele Formulare von Staatsstellen anfordern. Dazu kommt im Dossier eine umfangreiche gesundheitliche Befragung, welche vom/von Hausarzt/Hausärztin in einem 5-seitigen Formular ergänzt werden muss. Die Kosten dafür darf man wohl sehr berappen. Beide Elternteile müssen einen zweiseitigen Lebenslauf abgeben: darin werden auch religiöse oder politische Ansichten erfragt! (siehe Dokument im Anhang). Dass einige dieser Formulare immer noch den Aufdruck «Vater» – «Mutter» haben ist bedauerlich.

• Zusätzlich werde ich als Gesuchsstellerin von Seiten der Adoptionsbehörde akribisch durchleuchtet: Sie dürfen an vielen Stellen Erkundigungen über mich einholen (Polizei, Psychiatrie, Zivilgerichte, Vormundschaftsbehörde, Steuerbehörde etc. etc.)
Grundsätzlich war das Gespräch sehr wohlwollend gestaltet und sie haben uns zu verstehen gegeben, dass wir bereits jetzt die Eltern von unserem Sohn sind und es nun darum gehe, die formalistischen Hürden zu nehmen. Zudem hat man uns erklärt, dass auch die Zustimmung vom Kind ab 12 Jahren wichtig ist und er über die Konsequenzen dieses Schritts im Klaren sei. Nähere Fragen zum Vater haben sie nicht gestellt; sie wollten nur wissen ob er ein Spender sei oder eine aktive Rolle spielt.

Die Adoptionsbehörde legt grossen Wert darauf, dass das Kind informiert ist und es nicht unter Druck gesetzt wurde.
Wir haben bei unserer Erzählung die Karten offengelegt und bekamen als Feedback, dass wir ja alles richtiggemacht hätten und sie sind erfreut darüber, dass unser Sohn bestens Bescheid weiss.

Nichts desto trotz ist uns aufgefallen, dass Sie die Besonderheit einer Regenbogenfamilie noch nicht wirklich verinnerlicht haben und immer wieder die Vergleiche zu bisherigen Stiefkind-Adoptionen gemacht haben (die nicht mit einem Spender entstanden sind, sondern innerhalb einer anderen Beziehung). Wir haben sie immer wieder freundlich auf die Unterschiede zwischen herkömmlichen Stiefkind-Adoptionen und Regenbogenfamilien Aufmerksam gemacht. Auch was die Befragung unseres Sohnes angeht, bin ich mir nicht immer sicher, ob sie das Thema Regenbogenfamilie verstanden haben; sie sind überzeugt davon, dass jedes Kind seiner biologischen Herkunft nachgehen wird. Hier muss man wohl noch konkreter ansetzen.
Sie haben im Gespräch auch erwähnt, dass sie vom Dachverband Regenbogenfamilien Post erhalten hätten.

Ihre Grundhaltung zum Thema ist aber positiv, denn die Verantwortliche hat in einem Nebensatz erwähnt, dass es ja unverständlich sei, wieso nicht die volle Adoption (also nicht nur Stiefkind-Adoption) bewilligt wurde.

Die Verfahrenskosten wurde mit 600.- angegeben. Dazu kommen alle Gebühren für die offiziellen Dokumente, die man anfordern muss. Und die Kosten für das Formular vom Arzt.

Wir werden die weiteren Formalitäten erfüllen und sind guter Dinge, dass alles gut geht. Das Prozedere soll ca. 9 Monate dauern.

Erfahrungsbericht Vorgespräch Adoptionsbehörde
Erfahrungsbericht „Familie, Verwandtschaft, soziales Umfeld“
Eva aus Basel, Dezember 2017

Als wir einen Tag vor der Geburt unserer Tochter unsere Partnerschaft haben eintragen lassen, war das in erster Linie mit der Hoffnung verbunden, dass ich als nicht-leibliche Mutter sie, sobald dies möglich ist, adoptieren kann und sie dadurch das gleiche Recht auf zwei Elternteile bekommt wie jedes andere Kind auch. Am Tag ihrer Geburt gab das Schweizer Parlament den Auftrag an den Bundesrat, das Gesetz zur Stiefkindadoption zu revidieren bzw. zu ergänzen, sodass es auch gleichgeschlechtliche Paare und damit deren Kinder besser berücksichtigt.

Leider hat unsere Partnerschaft die ersten zwei Jahre nicht überlebt, doch eine Familie wollten wir trotz allem weiterhin sein. Das ist uns glücklicherweise bis heute gelungen. Die Trennung und die getrennten Wohnorte haben allerdings zur Folge, dass wir einen ausschlaggebenden Punkt für die Stiefkindadoption nicht erfüllen: den gemeinsamen Haushalt führen wir nicht mehr. Das wird mich jedoch nicht daran hindern, einen Antrag zur Stiefkindadoption zu stellen, was auch von meiner Ex-Partnerin unterstützt wird. Für unsere Tochter sind wir nach wie vor Mama und Mami und um die entsprechende rechtliche Anerkennung werden wir auch kämpfen.

Zum Ablauf der Auflösung unserer Partnerschaft: Wir wollten uns ohne gegenseitige Verpflichtungen trennen und haben den Antrag auch so ausgefüllt. Meine Ex-Partnerin arbeitet ein Teilzeitpensum, ich ein volles. Beim ersten Gerichtstermin meinte der Richter, ich solle für meine Ex-Partnerin Unterhalt bezahlen, weil sie ja ein Kind zu versorgen habe. Ihm war allerdings nicht klar, dass wir eine Regenbogenfamilie sind. Wir haben ihm unsere Situation erläutert, daraufhin wollte er einen weiteren Termin mit uns. Der Richter hat sich bis zum zweiten Termin Gedanken gemacht und sich mit der Materie sichtlich auseinandergesetzt. Da nach heutigem Recht ich als nicht-leibliche Mutter sowie unsere Tochter diskriminiert werden, machte er folgenden Vorschlag: Wir lösen die eingetragene Partnerschaft ohne gegenseitige Verpflichtungen auf. Zusätzlich gibt es eine Vereinbarung zwischen mir und meiner Tochter, in der ich ihr einen bestimmten monatlichen Betrag zusichere, mit der Bedingung auf regelmässigen Kontakt. Diese Vereinbarung wurde von meiner Ex-Partnerin, als rechtliche Vertreterin unserer Tochter, unterschrieben. Zudem sicherte der Richter mir zu, dass ich jederzeit Kontakt mit ihm aufnehmen könne, falls bei der Stiefkindadoption eine Referenz erforderlich sein würde.

Die Trennung war für unsere Tochter nicht wirklich ein Problem – sie hat uns ja nie bewusst als Paar erlebt, und die Trennung war ein gemächlicher Prozess. Einschneidend war sicher, als meine Ex-Partnerin wieder zurück nach Zürich zog und unsere Tochter die halbe Woche in Zürich und die andere Hälfte bei mir in Basel lebte. Sie erwähnte stets, sie wohne an zwei Orten und hätte zwei Zimmer. Mit dem Eintritt in den Kindergarten hat sich die Situation noch einmal stark verändert: Meine Tochter und ich sehen uns nun nur noch drei Wochenenden im Monat, die restliche Zeit lebt sie in Zürich. Das macht uns allen schon zu schaffen, jedoch gewöhnen wir uns langsam daran; und wer weiss, was die Zukunft bringt. Einfacher wäre sicherlich, zumindest in der gleichen Stadt oder Region zu leben.

Wir haben den ganzen Weg bislang ohne Unterstützung aus unserem Umfeld gemeistert. Das ist zwar manchmal echt hart, jedoch funktioniert es irgendwie. Natürlich wäre es unserer Tochter am liebsten, sie hätte ihre beiden Mamis immer um sich. Leider haben wir bislang noch keine Möglichkeit gefunden, diesem Wunsch nachzukommen. Auch wenn es nun anders gekommen ist, als wir uns das zu Anfang gewünscht haben, haben wir das Beste daraus gemacht und meiner Einschätzung nach geht es unserer Tochter und auch den Mamis gut. Wir mussten uns mit Vielem auseinandersetzen und viele heftige und kritische Diskussionen führen, bis wir es geschafft haben, am gleichen Strick zu ziehen. Ich bin sehr froh, dass wir nicht einfach auseinander gerannt sind und unsere Tochter unsere Streitigkeiten haben ausbaden lassen. Ihr Wohl steht immer an erster Stelle. Unsere Aufgabe als Mütter ist es, unsere Leben dementsprechend zu gestalten und die volle Verantwortung zu übernehmen.

Erfahrungsbericht „Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Luzern“
Miriam mit Familie, März 2018

Wir haben am 9.3.2018 per Post den positiven Entscheid über die Adoption unserer drei Kinder erhalten und möchten kurz über das Verfahren berichten.

Als wir uns letzten Sommer auf dem Amt für Gemeinden in Luzern über das Verfahren der Adoption informieren wollten, konnten sie uns noch nichts Genaues sagen. Es wurde uns jedoch versichert, dass wir, sobald sie auf dem Amt soweit sind, die nötigen Infos erhalten.
Anfangs Dezember wurden uns dann die nötigen Formulare und Angaben zur Adoption zugeschickt.
Wir hatten von Anfang an grossen Respekt vor dem ganzen Verfahren und den Kosten, und machten uns auf eine mühsame Zeit gefasst.

Ich bestellte die angeforderten Dokumente über den Zivilstand, schrieb eine kurze Begründung sowie vier eher knapp gehaltene Lebensläufe und ging zum Arzt für das gewünschte Attest. Mein Ziel war es, den Antrag pünktlich per 3.1.2018 einreichen zu können, was mir auch gelang.

Nach nicht einmal 2 Wochen erhielten wir die Information, dass unsere Wohngemeinde beauftragt wurde, unseren „Fall“ zu prüfen. Wir waren positiv überrascht, dass das so schnell ging.
Am 16.2.2018 wurden wir zum Gespräch ins Gemeindehaus geladen und standen red und antwort vor dem Gemeindeschreiber und dem Sozialvorsteher. Wir mussten diverse Fragen, unter anderem wie wir wohnen, wie wir die alltäglichen Aufgaben und den Haushalt geregelt haben, was wir den Kinder für Werte mit auf den Weg geben usw. beantworten. Auch unsere Älteste (5 Jahre) musste mit zum Gespräch, sie wurde dann jedoch nicht befragt, da wir erklärten, dass wir das Thema Adoption mit den Kindern noch nicht besprochen haben, da sie noch zu klein sind, um zu verstehen was das bedeutet.
Die beiden Herren waren sehr positiv gestimmt und sahen keine Bedenken.

Und so kam es, dass vom Amt für Gemeinden im Kanton Luzern am 7.3.2018 die Adoption ausgesprochen wurde und wir nun eine richtige Familie sind!

Wir haben uns riesig über den Entscheid gefreut. Es ist eine grosse Erleichterung und ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir jetzt auch rechtlich zusammen gehören.

Im Alltag hat sich jedoch nichts geändert, da wir uns schon immer als richtige Familie gesehen und gefühlt haben.

Wir wünschen allen Familien, die noch mitten im Verfahren sind, oder vielleicht erst beginnen, alles Gute und auch so ein unkompliziertes Verfahren!

Erfahrungsbericht „Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Baselland“
Tanja & Danielle, April 2018

Wir leben seit 2013 in eingetragener Partnerschaft und haben zwei Wunschkinder (2 und 4,5-jährig), die mittels Samenspende im Ausland gezeugt wurden.

  • Anfangs Januar 2018 haben wir die zuständige Stelle in der Zivilrechtsverwaltung angefragt, wie unser Adoptionsgesuch erfolgen soll. Die Antwort haben wir umgehend erhalten.
  • Am 13. Januar 2018 haben wir das Gesuch inkl. der vollständigen Unterlagen eingereicht.
  • Am 09. Februar 2018 hat die Zivilrechtsverwaltung eine abgeordnete Person in einem Schreiben – mit Kopie an uns – darum gebeten, die nach Artikel 268a ZGB erforderlichen Abklärungen vorzunehmen.
  • Am 08. März 2018 hat dieser Abklärungstermin mit der zuständigen Dame bei uns zuhause stattgefunden. In diesem 1,5 stündigen Termin durfte v.a. ich (Gesuchstellerin), aber auch meine Partnerin Fragen zu unserem Alltag, zu den Kindern und zu unser partnerschaftlichen Beziehung beantworten (Fragen, auf welche man/frau sich nach meinem Ermessen nicht vorbereiten sollte, damit eine möglichst natürliche Antwort ausfällt). Wir haben das Gespräch als sehr wohlwollend und positiv empfunden.
  • Am 05. April 2018 habe ich (Gesuchstellerin) den positiven Bescheid „die Adoptionsverfügungen unserer beiden Kinder“ erhalten, inkl. der Rechnung mit Rechnungsbetrag von Fr. 1`647.00
  • Am 05. April 2018 haben wir mit Champagner darauf angestossen.

Alles in allem wurde der „Prozess“ zügiger als erwartet abgewickelt und die zuständige Sachbearbeiterin haben wir als sehr hilfsbereit, zuvorkommend und kompetent wahrgenommen.

Erfahrungsbericht „Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Nidwalden“
Die Mütter, April 2018

Wir können über unsere Adoptionserfahrung aus dem Kanton Nidwalden nur Gutes berichten. Für die Stiefkindadoption ist hier das Kantonsgericht in Stans zuständig.

Um das Verfahren zu eröffnen, muss ein Adoptionsgesuch verfasst werden, das mit diversen Beilagen wie Familienstandsausweise der leiblichen Mutter, des Kindes und der Adoptivmutter, Vermögensnachweise und Wohnsitzbescheinigung zu ergänzen ist. Als Rechtsanwältin habe ich das Gesuch gleich selber verfasst.
Nach Eingang des Gesuchs beim Gericht haben wir eine Rechnung für den Gerichtskostenvorschuss von CHF 600.00 erhalten. Nach dessen Einzahlung erhielten wir einen Termin für das Adoptionsgespräch bei der zuständigen Kantonsgerichtspräsidentin.

Dieses Gespräch hat bereits stattgefunden. Sie hat uns einige Fragen zum Familienleben, zur allgemeinen Gesundheit und zum Verhältnis der Adoptivmutter zum Stiefkind gestellt. Nach ca. 45 Minuten war die Adoption erledigt. Wir haben einen Rechtsmittelverzicht unterzeichnet, wodurch die Adoption durch seine Mama sofort rechtskräftig wurde. Nun warten wir noch auf den schriftlichen Adoptionentscheid und fertig.

Wir können also sehr erfreut berichten, dass die Stiefkindadoption gleichgeschlechtlicher Paare im Kanton Nidwalden völlig unbürokratisch und niederschwellig von Statten ging. Das Kind hat seit dem 20.04.2018 offiziell zwei Mütter 🙂

Beste Grüsse aus der Innerschweiz
Die Mütter

Erfahrungsbericht „Positiver Stiefkindadoptionsentscheid: Kanton Aargau“
Verena und Susanne, Juni 2018

Wir leben in einer eingetragenen Partnerschaft seit 2013 und 2014 kam unser Wunschkind mit Hilfe einer Samenspende (DK) auf die Welt.

Im Herbst 2017 habe ich auf das in Zukunft zuständige Amt angerufen und mich erkundigt, ab wann die Details zum Verfahren der Stiefkindadoption vom Kanton Aargau online gestellt werden. Die zuständige Person, konnte es zwar noch nicht genau sagen und rechnete mit einer Aufschaltung per Ende Dezember. Dies war dann auch so.

In der ersten Januarwoche machten wir uns daran die gewünschten Unterlagen zu besorgen.

Im Vergleich mit anderen Kantonen, muss im Aargau weniger beigelegt werden. Zentrale Punkte sind da sicher die ausformulierten Lebensläufe (die wurden sehr persönlich) und die Begründung für die Adoption. Eine Bestätigung der Samenbank, ärztliches Zeugnis oder die Steuerunterlagen wurden nicht verlangt. Die restlichen Unterlagen wie Betreibungsregisterauszug, Wohnsitzbescheinigung etc entsprechen wohl der Liste der anderen Kantone.

Wir haben unser Gesuch Mitte Januar 2018 eingereicht und am 24. Januar kam die Bestätigung des Erhalts, gleichzeitig mit der Rechnung von sFr. 1000.- und dem Vermerk, dass wir noch den Ausweis über den registrierten Familienstand nachreichen sollen (für die sorgfältig abgefassten Lebensläufe wurde uns gedankt). Nachdem die Rechnung bezahlt war und alles eingereicht war, konnten wir einen Termin bei der zuständigen Sozialarbeiterin im Departement Volkswirtschaft und Inneres, Abteilung Register und Personenstand in Aarau vereinbaren.

Am 19. März fand das ca 2.5 h Gespräch ohne unsere Tochter statt.

Die Sozialarbeiterin war sehr nett, interessiert und auf das Wohl des Kindes bedacht. Es gab ein Fragen zu den Lebensläufen, zur unserer Tochter, aber und auch ein Besprechen des Erziehungsstiles. Es war ein intensives, gutes Gespräch, welches uns immer das Gefühl gab, fair behandelt zu werden. Mit einigen Fragen hatten wir gerechnet, mit anderen nicht, doch wichtig ist wohl immer auch authentisch zu bleiben.

Am 3. April fand noch ein Hausbesuch statt. Die Stiefkindadoption wurde in Anwesenheit unserer Tochter aber nicht angesprochen und wir spielten ein paar Brettspiele und schauten das Buch «Die Geschichte unserer Familie an». So konnte die Sozialarbeiterin auch unsere Tochter ein wenig kennen lernen.

Am 2. Juni erhielten wir die Verfügung, dass zwischen der Gesuchstellerin und ihrer Stieftochter die Adoption ausgesprochen wird.

Die Erklärung für den Rechtsmittelverzicht haben wir unterzeichnet zurückgeschickt, damit es nicht noch 30 Tage dauert, bis es rechtsgültig wird.

Fazit:
Es war eine sehr emotionale Zeit, die mit Unsicherheiten, Ängsten und Stress verbunden war, zum Glück lief alles so «einfach», wie es den Anschein machte. Die Sozialarbeiterin ist wirklich interessiert und bemüht sich auch sprachlich der neuen Situation gerecht zu werden. Die unterschiedlichen Arten der Regenbogenfamilien hat ihr Interesse geweckt und nicht nur durch das Plakat der Regenbogenfamilien fühlt man sich in ihrem Büro willkommen.

Das Verfahren scheint identisch wie bei heterosexuellen Paaren abzulaufen und zur Zeit sind für alle Gesuche die gleichen Personen zuständig.

Traut euch, es lohnt sich!